Diskussion aus dem Jahresprogramm 2010 der AfED

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Im freiwilligen Engagement – und besonders hier – muss der Jugendschutz groß geschrieben werden. Zeigen doch die offiziellen Statistiken des Bundeskriminalamtes (BKA), dass die Täter wie auch die Täterinnen zumeist aus dem persönlichen Umfeld der überproportional häufig jungen Opfer stammen. Die Zahlen sind erschreckend: In der polizeilichen Kriminalstatistik des BKA von 2008 werden Vergewaltigungen und sexuellen Nötigungen unter dem Titel „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ mit 7.292 Fällen beziffert (BKA 2008). Die Aufrufe, gegen Vergewaltigungen und sexuelle Nötigung präventiv-wirksame Maßnahmen zu ergreifen, scheinen also berechtigt.
Bei dem freiwilligen Engagement in der Kindertagesstätte sind polizeiliche Führungszeugnisse der Engagierten schon seit geraumer Zeit vorgeschrieben. Mit dem Nachweis über die „weiße Weste“ der Freiwilligen soll sichergestellt werden, dass bereits auffällig gewordene Personen keine Möglichkeit bekommen sich an Kindern zu vergehen. Der Antrag eines polizeilichen Führungszeugnisses ist sehr simpel und kostet nicht mehr als 13,-€; die natürlich von der Einrichtung erstattet werden sollten. Engagierte Menschen, denen das Wohl unserer Kinder am Herzen liegt, werden also sicherlich kein Problem mit dem Antrag eines solchen Führungszeugnisses haben.
Doch halt! Erkennen wir hier nicht die äußerst umstrittene Argumentation der BefürworterInnen des sog. Zugangserschwerungsgesetzes, das der „massiven Bilderflut kinderpornographischer Inhalte im Internet“ Einhalt gebieten will? Wer nichts zu verbergen hat, kann doch auch nichts gegen eine Kontrolle seiner Person haben. Und wer sich doch gegen die Kontrolle sträubt ist „z.T. schwer pädokriminell“. Ob man es glauben will oder nicht, dem im Zuge des Wahlkampfes lancierten Gesetz zur Sperrung vom BKA ausgewählter Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten, lag eben diese Schwarz-Weiß-Argumentation zu Grunde, was wiederum Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler auf den Plan rief. Diese monierten zu tausenden, das der Sperrung von Webseiten ohne rechtsstaatliche Grundlage einer Zensur gleichkomme und zudem der freien Entfaltung der Persönlichkeit entgegenstehe.
Doch zurück zum polizeilichen Führungszeugnis und dem Nachweis der „weißen Weste“ freiwillig Engagierter: Auch hier könnten wir beanstanden, dass in einem Führungszeugnis nur Straftaten verzeichnet werden, für die der Delinquent oder die Delinquentin vorbestraft wurde. Geringfügigere Delikte also, die bspw. mit Geldstrafen von bis zu 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafen von bis zu drei Monaten geahndet wurden, finden nur in besonderen Fällen Eingang in das polizeiliche Führungszeugnis (§32 BZRG). Da aber bei Weitem nicht alle Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung aufgeklärt, richterlich verurteilt oder auch nur zur Anzeige gebracht werden, ist äußerst fraglich, ob das polizeiliche Führungszeugnis eine wirksame Maßnahme gegen den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ist. Angesichts der Tatsache, dass für Engagementwillige hier Unannehmlichkeiten und im schlechtesten Falle Kosten entstehen, könnten wir sogar sagen, dass diese Maßnahme der Förderung des freiwilligen Engagements in Deutschland entgegen steht.
Für wahr: Ausführlich erprobte und etablierte Mechanismen die Straftaten – in welcher Form auch immer – vorbeugen sollen und Freiwilligen-Managerinnen und Managern im Umgang mit Engagierten Sicherheit geben, sollen hier keinesfalls zerredet werden. Viel mehr wollen wir mit dieser Diskussion Denkanstöße für einen wirksameren Kinder- und Jugendschutz geben. Neben dem Schutz von jungen Menschen gilt es schließlich auch den guten Ruf des freiwilligen Engagements zu schützen.
Hierfür scheint uns eindeutig, dass die vorgeschriebene Überprüfung Engagementwilliger durch ein Führungszeugnis eben auch Schwächen hat, die es zu Bedenken gilt. Zum einen wird dem freiwilligen Engagement mit einem unzulässigen Generalverdacht eine Barriere vorgestellt und zum anderen überwinden leider auch auffällig gewordene Engagementwillige unbemerkt diese Schranken. Unserer Meinung nach müssen im freiwilligen Engagement gute Rahmenbedinungen geschaffen werden, die eine Begleitung Freiwilliger stets ermöglicht und unbemerkte Übergriffe „schwarzer Schafe“ verhindert.
Was meinen Sie, sind die gesetzlich vorgeschriebenen Personenkontrollen beim Engagement in Kinder- und Jugendeinrichtungen ausreichend um junge Menschen vor sexuellen (oder sonstigen) Übergriffen zu schützen? Sind die Freiwilligenorganisationen hier in der Pflicht mehr zu tun, oder können wir immer auf das Gute im Menschen vertrauen? Wie gehen Sie mit diesem Drahtseilakt zwischen notwendiger Kontrolle und motivierendem Vertrauen um?

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