Gerade habe ich mal wieder bei Galileo reingeschaut. Das kommt ja gleich nach den Simpsons. Ich finde die Bibliothek der Sachgeschichten bei der Sendung mit der Maus zwar besser, aber die Galileo- Tante meinte, dass heute „Killerspiele“ mit einem Sonderbericht zwischen Ökotipps und Hausmannskost gesendet würden. War auch so.
Es war mal wieder die TV-Moral der aller übelsten Klasse – der Privatsenderklasse. Das Gute der Sendung vorweg: Sie war ersens nicht all zu lang und wurde zweitens von einem Werbeblock für allerlei Unrat unterbrochen, was mir die Entscheidung einen Post über diesen Mist zu schreiben oder mir wo anders den Verstand aus dem Schädel kloppen zu lassen vereinfachte. Wie man sieht, habe ich mich für ersteres entschieden. Der Verstand kommt später dran; bei Dr. House.
Nun also zum „Sonderbericht“: Ein Überlebender der Erfurter Gutenbergtragödie von 2002 „Lehrer Lutz“ wollte sich auf die „Reise“ begeben um herauszufinden, wie Killerspiele die Erfurter Tragödie haben bedingen können. So als normaler Mensch, der zum Glück nicht den ganzen tag Pro7 guckt, hätte ich ihm ja gesagt, dass er bitte noch mal Luft holen soll um genug Sauerstopff in die Birne zu bekommen. Vielleich wäre ihm dann das sokratische* in seiner seiner Frage aufgefallen.
Der hat mich aber leider nicht gefragt, wie denn Killerspiele zu Gewalttaten führen. Der Typ hat sich von Götz Kühn und seinem Kumpel überreden lassen sich selbst diese ziehmlich blöde Frage vor der ganzen TV-Nation zu stellen.
Machne fragen sich jetzt sicher, warum denn diese Frage so blöd ist. Ganz einfach: Lehrer Lutz hat nicht mal einen kurzen Moment darüber nachgedacht. Erstens suggeriert die Frage, dass Killerspiele zu Gewalt führen und zweitens steckt das Medienwort „Killerspiel“ mit drin. Vielleicht hätte er sich ein Beispiel an der Galileo-Tante nehmen sollen. Die hat nämlich gefragt, ob den Killerspiele zu grausam Gewalttaten führen können. Aber auch sie hat noch ein bisschen zu lernen: Erstens gibt es keine Killerspiele und zweitens ist „grausam“ eine moralische Kategorie, die, so habe ich das mal gelernt, in einem sachlichen Bericht im Grunde nichts verloren hat. Vielleicht müssen Galileo-Ansagerinnen aber auch schon sehr lange aus der Schule raus sein um so viel mist in einer Stunde überhaupt ertragen zu können.
Zuerst hat Lehrer Lutz jedenfalls die Games Convention besucht und festgestellt, dass es ja ziemlich viele Killerspielspieler gibt. Zu meiner Verblüffung schien es den Machern dieses Sonderberichtes daran gelegen zu haben, noch das harmloseste Spiel durch den Dreck zu ziehen. Denn die Killerspiele stehen ja gleich neben den Angeboten für die ganze Famile. Auch brachten sie die Bundeswehr – die übrigens auf fast jeder Messe einen Stand hat – geschickt mit dem Amerikanischen Militär in Verbindung. In dem sie nämlich zuerst die Amis und dann die Deutschen erwähnten und dabei schlagende Kinder zeigten. Blöd nur das heute jeder ein Buzzergame von Egoshotern und Aktionspielen unterscheiden kann.
Dann hat unser Sondersendungsheld, der sich seiner Vergangenheit stellen wollte, einen vorausgewählten Psychologen besucht, der ihm einreden sollte, dass Computerspiele süchtig machen. Hat der dann auch gemacht. Und nochwas hat der Psychodock gemacht: Er ist einem Vielspieler auf die Pelle gerückt um herauszufinden ob der süchtig ist oder nicht. Mal abgesehen davon, dass es im höchsten Maße unprofessionell ist, bei einem solchen Interview die Kammera im Raum zu erlauben, hat Psychodock nichts weiter als eine „hohe Gefährdung“ feststellen können. War also nicht so ein riesen Erfolg für Pro7 und Lehrer Lutz.
Lehrer Lutz wollte aber unbedingt Game- Suchties sehen. Also ist er in eine Spielsuchtklinik gefahren. Dort hat er sich zwei arme Jungs zeigen lassen, die von Videospielen abhängig waren und durfte auch dort bei einer Gruppensitzung dabei sein. Wie schon gesagt: hochgradig unproffessionell. Sein Fazit aus dem Besuch war dann, dass er „schon Paralelen zu seinem ehemaligen Schüler“ sehen würde. Ist ja auch eigentlich nicht so sehr verwunderlich … Ich wette, wenn ich mir heute eine Doku zu Martin Luther reinziehe, entdecke ich auch allerlei Paralelen zu mir.
Na ja das Ende vom Lied war jedenfalls, dass unser Lehrer Lutz feststellen musste, dass Killerspiele nicht direkt zu Gewalt führen, sondern Gewalt nur über Umwege – über Abbau sozialer Kontakte und Vereinsamung – hervorrufen.
Mal davon abgesehen, dass ich selber weit über 8 Stunden am Tag am Rechner sitze, Gewalt wie jeder andere Europäer rezipiere und immer noch nicht wahnsinnig geworden bin, schätze ich mal, dass sich die Kameraden von Pro7 mal wieder ein bisschen PR gewünscht haben: Einfach mal wieder ein bisschen Rummel machen wollten. Haben sie bei mir zumindest auch geschafft.