Anerkennung im Ehrenamt — Blick in eine Längsschnittstudie der ETH-Zürich
Bei ihrer Forschung zu freiwilligem Engagement verfogt die Gruppe „Frei-gemeinnützige Tätigkeit“ am Zentrum für Organisations- und Arbeitswissenschaften der ETH-Zürich einen arbeitspsychologischen Ansatz. Das ist insofern interessant, als hiermit insbesondere motivationale Aspekte individuellen Engagements und die entsprechende Gestaltung des organisationalen Umfeldes in das Blickfeld rücken. In der Studie „Freiwillig 2011. Erfolgsfaktoren in der Freiwilligenarbeit“ wird explizit die Tätigkeits- und Organisationsgestaltung in der ehernamtlichen Sozialarbeit untersucht.
Ziel der Studie war es, _“den Prozess der freiwilligen Tätigkeit im Rahmen einer Längsschnittstudie (drei Zeitpunkte) zu untersuchen […] [und] zu erklären, wie sich die Gestaltung von Aufgaben und Rahmenbedingungen in der Freiwilligenarbeit auf die Selbstbestimmtheit der Freiwilligen, ihre Zufriedenheit, ihre Identifikation mit der jeweiligen Organisation, die Bereitschaft zu weiterem Engagement und auf die Entwicklung einer Identität
als Freiwillige/r auswirken“ (Ooslander et al. 2012: 2)_
Folgende Erfolgsfaktoren wurden in der Studie untersucht:
Tätigkeitsbeschreibung (Autonomie, Feedback, Bedeutsamkeit, Vielfalt und Ganzheitlichkeit)
Organisationale Merkmale (Wertkongruenz, Prestige, Informationsfluss, Unterstützung und Ansprechpersonen)
Anerkennung (vonseiten der Klienten, direkter Ansprechpersonen, Angetellten und dem privaten Umfeld)
Besonders interessant finde ich den Erfolgsfaktor Anerkennung. Güntert, einer der Autoren der Studie, ist bereits in seiner Dissertation zu dem bemerkenswerten Befund gelangt, dass die Anerkennung seitens der Organisation von den Freiwilligen weniger positiv — eher belastent — wahrgenommen wird als vonseiten der Klienten bzw. den Hilfeempfängern (Güntert 2007).
In der vorliegenden Studie zeigt sich, dass die befragten Freiwilligen von mehr Anerkennung seitens der Klienten, der direkten Ansprechpersonen und aus dem privaten Lebensumfeld berichten. Die Anerkennung vonseiten der Angestellten hingegen liegt deutlich unterhalb des Gesamtdurchschnitts. Im Bericht muss offen bleiben, warum das so ist, es wird allerdings darauf hingewiesen, dass die Anerkennung vonseiten der Klienten auf der Seite der Hilfeempfänger und die vonseiten der direkten Ansprechpersonen und Angestellten auf Organisationsseite weniger zur Zufriedenheit der Freiwilligen im Engagement beiträgt als zur Identifikation mit der Organisation.
Kurzum: Dass die Anerkennung vonseiten der Angestellten, die nicht direkt Ansprechpartner der Freiwilligen sind, weniger intensiv wahrgenommen wird als die der anderen Personengruppen, vertreibt die Freiwilligen sicherlich nicht aus ihrem Engagement (crowding out). Sie wirkt sich allerdings negativ auf die Identifikation mit der Organisation aus, was den vielbesprochenen Wandel des Ehrenamts — z.B. die sinkende Bereitschaft zur Übernahme von Leitungs- und Führungsämtern — ggf. weiter vorantreibt.
http://www.volunteering.ethz.ch/box_feeder/Gesamtbericht_final.pdf
Anerkennung im Ehrenamt — Blick in eine…
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