Gelernt: Homer Simpson sollte man nicht alles glauben
Ich betue mich gerade (mal wieder) im äußerst spannenden Feld des Campaigning. First of all habe ich mal das Webinar mit +Paula Hannemann zu den Basics des Campaigning nachbereitet und meinen Zettelkasten um ein weiteres Inkrement zum Weltwissen erweitert. Dabei bin ich auf einen interessanten Essay von Victor H. Mair, einem Professor für chinesische Sprache an der University of Pennsylvania, gestoßen. Mair erklärt das Missverständnis aus dem die Wortschöpfung "Crisatunity" bzw. "Crisitunity" hervorgegangen ist.
Crisatunity steht für die Verbindung von Krise und Chance, die — fälschlicher Weise — aus der chinesischen Sprache (dem Mandarin) abgeleitet wird. Prominentester 'Ausrufer' der Crisatunity ist wohl Homer Simpson. Der erwiederte in einer Folge aus dem Jahr 1994 auf die — ebenfalls falsche Feststellung — seiner Tochter Lisa, die Chinesen würden ein und dasselbe Wort für Krise und Chance benutzen, "Yes Crisatunity!"
Danger + Opportunity ≠ Crisis
Mair erläurtert, dass diesem Missverständnis gleich drei Ursachen zugrunde liegen: Zum Ersten wird das chinesische Schriftzeichen für wēi (危), dem ersten Teil des Wortes für Krise, unsinniger Weise in seine Bestandteile zerlegt. Chinesische Schriftzeichen sind keine Ideogramme deren Sinn — ähnlich wie bei Piktogrammen — Teil für Teil zu ergründen wäre. Sie sind wie unsere Buchstaben, stehen aber nicht nur für Laute (wie bei uns), sondern für Silben. So wenig man den Sinn eines unserer Buchstaben also aus seiner Form — oder teilen davon — entziffern könnte, sowenig kann man den Sinn aus dem oberen und unteren Teil von wēi (危) ergründen.
Zum Zweiten besteht das Wort für Krise im Mandarin aus zwei Schriftzeichen wēi (危) und jī (机). Nur aus dem ersten aber wird versucht die komplette Bedeutung zu lesen. Das ist als würde man versuchen aus der deutschen Silbe "Kri" die Bedeutung "Krise" herauszuinterpretieren. Da liegt der (Kurz)Schluss eigentlich nahe, alle möglichen Worte, die mit "Kri" anfangen mit der Bedeutung von "Krise" gleichzusetzen. Gleichbedeutend wäre im Deutschen dementsprechend Krise, Kriminell, Kriterium und Kritik (… sagt der Duden).
Und zum Dritten: Auch wenn die zweite Silbe jī (机) tatsächlich für eine Art Wendepunkt steht, was man für sich genaommen als Chance interpretieren könnte, muss sie doch im Kontext der ersten Silbe wēi (危), die, wieder für sich genommen, Gefahr bedeutet, interpretiert werden. Das Wort Krise "wēijī" (危 机) wird im chinesischen nunmal aus den Silben für Gefahr und Wendepunkt gebildet und bedeutet damit soviel wie gefährlicher Wendepunkt (so einfach ist das 🙂 Eine Chance ist da nur noch mit viel Phantasie raus zu lesen. Und wenn man's doch versucht müsste man nach der selben Logik das deutsche Wort "Krise", das ja auch aus "Kri" und "se" besteht, so interpretieren können, dass die Krise immer als Selbstläufer niemals zu vermeinden ist, weil die Silbe "se" auch in "per se" [von selbst, aus sich heraus] vorkommt. Das wär' dann wohl das komplette Gegenteil der "Crisatunity".
danger + opportunity ≠ crisis
“Crisis” Does NOT Equal “Danger” Plus “Opportunity”. How a misunderstanding about Chinese characters has led many astray. There is a widespread public misperception, particularly among the New Age sec…