Kürzlich las ich das Büchlein von Colin Crouch über die Postdemokratie. Die Essenz daraus: Je besser die Wege demokratischer Willensbildung bekannt sind, je eingeschliffener deren Art und Weise der Willensbildung, desto besser können sie von jenen, die sich etwas davon versprechen, gesteuert werden, womit die demokratische Qualität der Systeme abnimmt.
Demokratische Willensbildung funktioniert vor allem über die Massenmedien, deren Unabhängigkeit schon immer versucht wird mit gezielter Exklusiv-Information zu unterminieren.
Seit dem aufkommen des Internets als Medium der Massen hat sich einiges geändert. Heute gibt es Shit-Storms, Leaks, kollaborative Tiefenprüfungen für Doktorarbeiten von Politiker!nnen und Vieles mehr.
Doch das Internet hat sich mittlerweile auch schon wieder in der demokratischen Willensbildung etabliert, was nach Crouch bedeutet, dass es von denen da oben okkupiert wird.
Wie das geschieht? Die Gatekeeper der, heute wie früher für die Willensbildung unabdingbaren, Massenmedien – Journalisten – werden mit Material überschüttet, das sie kaum noch sichten können.
Leaks, überall Leaks! Belanglose Geheimnisse, wilde Beschimpfungen und bei näherer Betrachtung haltlose Anschuldigungen stehen journalistisch aufbereiteten Angeboten mit immer dünnerer Finanzierung durch Abos, Werbung, Anzeigen und dergleichen gegenüber. Nicht nur ein Problem der Medienkonzerne. Ein Problem unserer Demokratie!
Wie also lässt sich das Relevante vom Irrelevanten trennen? Mehr Blogs? Mehr Leaks? Mehr von all dem, was das Problem hervorgerufen hat? Wohl kaum! Weniger aber bitte auch nicht.
Wenn ich mir anmaßen darf, Crouch zu kritisieren (reine Rhetorik!), würde ich sagen, es ist nicht aller Tage Abend. Mit kreativen Wegen demokratischer Meinungsbildung lässt sich der oben postulierten Abnahme demokratischer Qualität begegnen. Sicherlich nutzen sich derartige Innovationen schneller ab als in früheren Tagen (Stichwort #Beschleunigung) doch gibt es sie und sie scheinen zu funktionieren.