Ob man es glauben will oder nicht, demonstrieren geht auch online. Am 08. Mai wurde die Facebook-Gruppe „Kein Facebook für Nazis – NPD Seite löschen!“ gegründet, einen Tag später hatte die Gruppe 500 Mitglieder, noch einen Tag später 18.000 Mitglieder, vier Tage nach der Gründung ließ die Gruppe die 100.000er Marke hinter sich, noch drei Tage später die 200.000er Marke. Heute hat die Gruppe 254.918 Mitglieder (Stand 17:11h) und ein Ende scheint nicht in Sicht. Vor allem nicht, weil Bild.de heute ein DIGITAL-TELEGRAMM mit dem Link zur Gruppe veröffentlicht hat was noch weitere Berichterstattung (wie die hier im Blog) nach sich ziehen dürfte.
Vor dem Hintergrund der Campaigner-Diskussion um das Für und Wider des all zu bequemen Online-Aktivismus – und vor allem den „Like-It-Button“ – stellt sich freilich die Frage, wie so eine Online-Demonstration aussehen soll. Frei nach dem Motto ‚Erst die Köpfe, dann die Herzen und schließlich die Straße’ muss doch jeder Protest offline Aufmerksamkeit erkämpfen, oder nicht?!
Nein! Das Web 2.0 als Plattform (wie es O’Reilly ja beschreibt) ist schon längst zu einem Sozialraum avanciert dessen Trennung vom so genannten „Real Life“ nur künstlich sein kann. Mehr als 400 Millionen User aus der ganzen Welt tummeln sich auf Facebook. In Deutschland sind es knapp 10 Millionen; 7,5 Millionen davon wahlberechtigt. Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes sind das etwas mehr als 12% aller Wahlberechtigten in Deutschland.
Eigentlich müsste man also fragen, wo, wenn nicht in Facebook, gibt es mehr Leute zu mobilisieren? Wo, wenn nicht in Facebook, finden sich Vertreterinnen und Vertreter genau der Milieus, die eine intellektuelle Aversionen gegen die Internet-Penetrationsversuche der NPD hegen? Wo, wenn nicht in Facebook, bekommt antifaschistischer Protest die Aufmerksamkeit die er verdient?
Der Protest muss also nicht notgedrungener Weise durch die Köpfe in die Herzen auf die Straße. Die Blogs und Online-Profile tun es doch auch. Seit dem ich mich mit meinem Klarnamen bei Internetdiensten anmelde, kann ich auch Gesicht für meine Belange zeigen – kann ich auch Online gegen Rechts demonstrieren. Womit wir wieder bei der Frage sind, wie das Ganze eigentlich funktioniert.
Klar: Mit einem einfachen „Like it“ ist es nicht getan – wohl aber ein Anfang gemacht. Die Initiatorinnen und / oder Initiatoren der Gruppe, die – und das kann ich gut nachvollziehen – lieber anonym bleiben wollen, schreiben dazu:
„it’s as easy as 1-2-3“
Es geht darum eine digitale Lichterkette zu initiieren und das Logo der Aktion über alle Leitmedien Deutschlands zu verteilen. Dafür soll sich jedermann (und jedefrau) das Logo herunterladen, ausdrucken und sich damit in einer speziellen Pose fotografieren. Die Bilder werden dann zu einer riesigen Bilderkette zusammengestellt und im Internet verbreitet. Der Demo-Termin 22./23. Mai ist demnach nur der Start einer Medialen Welle, die die NPD aus den Sozialen Netzwerken spülen soll.
Alles in allem also eine kreative Protestaktion mit großem Potential. Ich bin gespannt wie viele Bilder bis zum Wochenende zusammen kommen und ob wir es damit in die sonntäglichen Abendnachrichten schaffen – ein leuchtendes Zeichen wäre es ja.