Gestern Abend — nachdem ich schon den ganzen Tag mit meiner Diplomarbeit gekämpft hatte — machte ich mich auf ins Studierendencafé. Eigentlich wollte ich ein paar Bierchen trinken und ein bisschen kickern. Ausspannenen also. Ich hatte völlig vergessen, dass das Attac-Netzwerk auch in die Fachhochschule zum Filmfestival eingeladen hatte.
Vom Bierchen trinken habe ich mich natürlich nicht abhalten lassen aber kickern musste erstmal ausfallen. Es liefen zwei Filme, deren Titel mir zwar unbekannt waren (und immer noch sind), deren Inhalt ich aber wohl kannte:
Im ersten Film ging es ums Geld. Ähnlich wie der Youtube-Dreiteiler „Wie Geld funktioniert“ von Max von Bock, doch noch ein bisschen paranoider. Ich konnte eigentlich auch nichts anderes erwarten. Wenn es ums Geld und um die vielen bösen Ackermanns auf unserer schönen Welt geht, bekommt man schließlich häufig zu hören, dass man nur den Kapitalismus abschaffen müsste um die Welt wieder ins Lot zu bringen. Ich empfehle dazu: „Verehlendungstheorien – Die hilflose Kapitalismuskritik“ (Dissertation Wolf Wagners)
Im zweiten Film ging es dann ums bürgerschaftliche Grundeinkommen. Auch der Titel dieses Films sagte mir nichts, doch war mir auch dessen Inhalt wohl bekannt. Den Film-Essay hier hatte ich schließlich schon mal gesehen.
Alles in allem war ich schon ganz gut vorbereitet um dann später auch in die Diskussionsrune mit Roland Blaschke einzusteigen, der das auch ganz geschickt machte:
Nachdem er das Grundprinzip des Grundeinkommens treffend zusammen gefasst hatte — weg von der Vorstellung des Mangels hin zum Ressourcendenken –, stellte er das Konzept der Leistung in Frage. Er fragte: Was ist eigentlich Leistung? Kann eigentlich nur Leistung sein, was bezahlt wird und wenn ja, muss es dann immer nützlich sein? (Wir erinnern uns an Ackermann und Co) Zum Glück war auch eine mehrfache Mutter im Raum, die bestätigen konnte, dass bspw. die Kindererziehung wohl eine Leistung ist, für die man aber i.d.R. nicht bezahlt wird.
Der Leistungsbegriff, auf dem unsers Gerechtigkeitsvorstellungen fußen, löste sich so mehr und mehr in Luft auf, denn auch andere Konzepte wie die der Gemeinwohlorientierung hielten der Frage „Wer sagt was Leistung / Gemeinwohl / … ist? nicht stand.
Der einzige sinnvolle Weg schien also zu sein das tun aller Menschen — aber auch deren dulden und unterlassen (Weber) — für sinnvoll, gemeinwohl- und leistungsorientiert zu halten. Ganz im Sinne der Menschenrechte sollte jeder Mensch frei sein seinen Weg zu gehen. Mit dem bürgerschaftlichen Grundeinkommen und damit der Abschaffung des Arbeitszwangs wird diese „schöne Utopie“, wie sie in der Diskussionsrunde anfänglich bezeichnet wurde, Wirklichkeit.
Aber wie soll das bitte gehen? Die Einführung eines so radikal anderen Konzepts, dass die marktwirtschaftliche Welt von den Füßen auf den Kopf stellen würde, wird sich sicherlich nicht von einem Tag auf den Anderen einführen lassen. Und wenn es dann da währe hätten wir nich wieder die gleichen Probleme wie ohne Grundeinkommen? Würde nicht wiederum ein Preiskampf um die „guten Jobs“ entstehen? Würden sich nicht viel mehr Menschen auf dem Niveau des Grundeinkommens einigeln, wie es schon heute bei ALG II- Empfängern beobachtet werden kann? Wahrscheinlich kämen auch, trotz unserer hohen Mauern, die wir gegen Einwanderungsströme in Deutschland errichtet haben, immer mehr Menschen nach Deutschland, die ebenso ohne Angst und in Wohlstand leben wollen. Kurzum die Frage: Wie passt dieses schöne Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens in die reale Welt?
Natürlich — und hier sehe ich zumindest die Schwierigkeiten — könnte ein Grundeinkommen nicht nur in Deutschland eingeführt werden, es müsste ein Grundeinkommen auf der ganzen Welt geben. Zum Problem des Preisdumping unter Arbeitnehmern (oder müsste man die dann vielleicht Arbeitgeber nennen, weil sie ja ihre Arbeitskraft freiwillig geben?) könnten Mindestlöhne Abhilfe schaffen und was die Einführung des Grundeinkommens angeht, war Herr Blaschke der erste, der ein mir einleuchtendes Konzepte vorstellen konnte:
Zum einen — meinte er — könnte das Grundeinkommen vorerst partiell eingeführt werden. Für Kinder bspw. oder für Langzeitarbeitslose. Wenn es um die Abschaffung des Arbeitszwangs geht, müssten natürlich auch die Sanktionen gegen Arbeitsverweigerer fallen, deren gutes Recht es schließlich währe zu Hause zu bleiben.
Zum anderen könnte das Grundeinkommen aber auch auf nicht monetärer Basis eingeführt werden. Kostenlose Infrastruktur währe dann die Losung. Wenn jeder und jede alle mögliche Infrastruktur (Schulen, Unis, Bus und Bahn …) nutzen könnte, hätten wir auch mehr Chancengleichheit und weniger Menschen währe gezwungen zu arbeit um die Zukunft der eigenen Kinder nicht zu verbauen.
Alles in allem hat mir die gestrige Diskussionsrunde schon etwas zu denken gegeben. Ich sehe in der Umsetzung dieser schönen Utopie zwar immer noch den einen oder anderen Hacken, doch meine ich, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen die Bürgergesellschaft beflügeln könnte und so produktiver, innovativer und kreativer macht.