Das Uncoole Urheberrecht und die Blockflöte

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In der neuen „merz“ (54/1, 55ff) findet sich diesmal ein netter Kommentar zum „Uncoolen Urheberrecht im Internet“ von Lore Schultz-Wild. Um es gleich deutlich zu sagen: „Nett“ meint in diesem Fall keines Wegs aufschlussreich, interessant oder schlüssig; „nett“ meint in diesem Fall tatsächlich den kleinen Bruder von Sch****.
Unter Headlines wie „Das darf doch nicht wahr sein“ und „Das kann doch nicht wahr sein“ führt Schultz-Wild aus, wofür wir das Urheberrecht den unbedingt brauchen: Es soll Kulturschaffenden den Unterhalt sichern, ihre Kreativität fördern und — was die Autorin gekonnt verschweigt — die Verwertungsindustrie auf Teufel-Komm-Raus erhalten.
Schultz-Wild macht am Anfang des Kommentars deutlich, dass es in unseren Zeiten des omnipräsenten Internets eine Trennung zwischen Produzierenden und Konsumierenden nicht mehr gibt. Wunderlicher Weise scheint sie daraus aber keinerlei Schlüsse zu ziehen — zumindest keine die über das bestehende System hinausgehen. So schlägt sie am Schluss ihres Ergusses vor, dass Jugendliche sich bei der Produktion von Mash-Ups doch bitteschön auf Material beschränken mögen, dass unter Creativ Commons Lizenz steht. Wahre Medienkompetenz — so die Autorin — besteht schließlich auch darin sich die Folgen der eigenen Kommunikation vergegenwärtigen zu können.
Warum mich das so aufregt? Ganz einfach: Schultz-Wild verschweigt (a) durchaus sinnvolle Überlegungen, wie Kulturschaffende zukünftig Geld verdienen können und bietet (b) für Kids und Teens, die gern Gitarre oder Schlagzeug spielen wollen, großmütterlich die Blockflöte.
Ich persönlich finde Creative Commons wirklich gut. Es gibt viele tolle Sachen, die unter CC-Lizenz veröffentlicht wurden, doch maße ich mir nicht an hier auch für Jugendliche zu sprechen. Durch Viva und MTV kennen diese nämlich zu großen Teilen nur das, was sie auch in den Charts sehen. Ich brauche wohl kaum darauf hinzuweisen, dass sich hier kaum ein Titel unter CC-Lizenz finden dürfte.
Anstatt also sinnvolle Vorschläge zu machen, wie mit jugendlicher Kulturproduktion umgegangen werden sollte, setzt Schultz-Wild an der anderen Seite an und startet den vergeblichen Versuch den ‚jungen Leuten‘ die Devianz auszutreiben. Wäre dieser Kommentar in irgendeiner Zeitung oder Zeitschrift veröffentlicht wurden, hätte mich das sicherlich nicht weiter interessiert. Nun ist er aber in der merz erschienen, in der sich Menschen informieren, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, ihnen jetzt aber hoffentlich keine Vorhaltungen wegen ihrer MySpace-Profile machen.

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