NPO-Blogparade Runde #8: Mobilisierungsstrategien zur (politischen) Online-Partizipation

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Nachdem es in der siebten Runde der NPO-Blogparade bei Günter Bressau um die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von NPO- und FPO-Marketingstrategien im Web 2. (oder Social Web) ging, will ich in der nun achten Runde auf ein eher bürgergesellschaftliches Thema fokussieren.
Ich denke jeder und jede kennt die These, dass das Internet und vor allem das Social Web die Bürger- oder Zivilgesellschaft stärkt. Über das Internet können sich Menschen gleicher Gesinnungen zusammenschließen und die Problemlagen aus ihrem eigenen Lebensumfeld lautverstärkt in die politische Öffentlichkeit transportieren (Habermas 1992 S. 443). Es können sich relativ große Zusammenschlüsse und Assoziationen bilden, die gesellschaftlich relevante Konflikte auslösen, Funktionssysteme irritieren und so Einfluss auf den politischen Diskurs nehmen. (ebd. S. 417ff.).
Diese Zusammenschlüsse und Assoziationen gibt es immer wieder. Sie bemühen sich bspw. um besseren Datenschutz, organisieren Demonstrationen oder irritieren durch die Radikalisierung des Prinzips der freien Meinungsäußerung auf bestimmten Plattformen (bspw. Indymedia). Diese nicht-staatlichen und nicht-profitorientierten Organisationen entwickeln durch die Teilhabe tausender Menschen eine recht große gesellschaftliche Wirkungskraft – eine Kraft, die sich politische Organisationen (Parteien) häufig nur wünschen können.
Leider – und das wird immer wieder bemängelt – bedienen sich zu wenige Politikerinnen und Politiker der Vernetzungsmöglichkeiten, die das Social Web bietet. Warum auch? Es kostet wertvolle Zeit, die man in den traditionellen Wahlkampf investieren könnte und vor allem in kleineren Städten oder Kommunen nutzen sowieso zu wenige Menschen das Internet – geschweige denn das Social Web.
Der (N)Onliner-Atlas 2008 bestätigt dies. Vor allem in den provinzialen Gebieten Deutschlands gibt es zu wenige Menschen, die das Internet überhaupt nutzen und damit auch viel zu wenige Menschen, die Social Web- Angebote wahrnehmen. Die ARD/ZDF Online-Studie (ebd.) hat gezeigt, dass lediglich ein viertel der Onliner(innen) Social Networks auch nur gelegentlich nutzt. Bei Videoplattformen und der Wikipedia sieht es zwar etwas anders aus (51- bzw. 60%) doch kann – vielleicht auch auf Grund fehlender Angebote – vermutet werden, dass dies weniger zur politischen Partizipation als zur Unterhaltung und Information geschieht.
Die Frage, die ich nun gern in die NPO-Blogparade geben würde ist, wie mehr Menschen zur (politischen) Teilhabe über das Internet bewegt werden können.
Reicht es wenn Politikerinnen und Politiker im Social Web mitmischen, sich präsentieren und Zugänge zu politischer Partizipation schaffen oder sollten politische Partizipationsmöglichkeiten speziell beworben werden, wie es Google auf YouTube in Kooperation mit Euronews tut? (Siehe GoogleWatchBlog)
Ich bin mir sicher, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen dieser achten Runde der NPO-Blogparade aus ihrer ganz individuellen Sicht – sei es die der Politik (it self), aus dem Bereich der Kultur, dem des Managements, der Wissenschaft etc. – Ideen für eine verbesserte bürgerschaftliche Teilhabe über das Social Web beitragen können.
Wenn Sie sich an dieser Runde der NPO-Blogparade beteiligen möchten, sind Sie herzlich eingeladen, auf ihrem Blog einen Beitrag zu schreiben und ihn über die Kommentarfunktion auf diesem derzeitigen Hostblog zu verlinken. Natürlich können Sie auch einen Beitrag via Kommentar oder E-Mail senden. (E-Mail-Beiträge werden allerdings unter ihrem Namen / Pseudonym von mir in die Kommentare kopiert.)
Diese Runde der NPO-Blogparade läuft bis zum 06. Juni 2009. Wenn Sie wissen wollen, was eine Blogparade ist, wie sie funktioniert und wer daran als Host teilnimmt, dann finden Sie auf dem Blog der NPO-Blogparade die wichtigsten Informationen.

Kommentare

  • …Diesen Beispielen fehlt allerdings eine von Hannes Jähnert geforderte Eigenschaft: die Möglichkeit der Online-Partizipation. Dabei bieten sich gerade diese Beispiele für die aus meiner Sicht logische Weiterentwicklung an: Vernetzung zwischen den relevanten Akteuren ohne Reibungsverlust, Motivation durch unmittelbar erlebbare Einflussmöglichkeiten sowie Nachhaltigkeit in der Kommunikation der Inhalte durch öffentliche Diskussionen, die weite Kreise ziehen wird…

  • Mit der Aktion „Alter schafft Neues“ hat das BMFSFJauch ein Memorandumveröffentlicht.Ich sehe eigentlich zwei Problemkreise.1. Das Internet wird noch lange nicht in dem Maße genutzt, insbesondere von den Älteren nicht, wie es eigentlich möglich wäre.2. Die Wahlbeteiligung läßt ja nun auch wirklich zu wünschen übrig. Die Europawahl am 7.6. wird wohl wieder ein eklatantes Beispiel (hoffentlich nicht) liebern.Wie es nun möglich sein soll, Mobilisierungsstrategien zu entwickeln, das wird ein langer Prozeß. Ich bin grundsätzlich nicht pessimesitisch, sondern sehe die Realität! Es wird noch lange dauern.

  • Hallo Herr Schmidt, vielen Dank zu dem Memorandum des BMFSFJ. Ich finde es toll, dass das Bundesministerium ihren eigenen Studien Rechnung trägt und sich verpflichtet auch an ältere Menschen zu denken. Ehrlich gesagt konnte ich aber — bis auf wenige Außnahmen — nicht viel neues in dem Memorandum finden, was für bürgerschaftliches Engagement nicht sowieso gelten würde. Was die Nutzung des Internets angeht, die vor allem bei älteren Menschen, vor allem in dem Maße noch nicht so präsent ist, wie sie es sein könnte, anbetrifft, denke ich, sind wir insgesammt auf einem guten Weg. Die Zahl der sog. „Silversurfer“ ist, dem (N)Onliner-Atlas zu folge die am stärksten steigende im Lande. Was die Europawahl im Juni betrifft, werden wir freilich abwarten müssen, doch meine ich, dass angesichts zunhemnder Überwachung und der damit wahrscheinlich einhergehenden „Streckung der Regeln“ auch nicht unbedingt zu einer Online-Wahl zu raten währe.

  • „Ich spreche mit Dir – also bin ich“Mobilisierungsstrategien für die (politische) OnlinepartizipationIn der 8. Runde der NPO-Blogparade widmet sich Hannes Jähnert der Aufgabenstellung, möglichst viele Menschen über die Neuen Medien zum aktiven (politischen) Handeln zu bewegen.Vorweg führt Jähnert den Philosophen und Soziologen Jürgen Habermas an, der sich, kurz gefasst, in seinen Ausführungen an der „dialogischen Philosophie“ orientiert und somit den Zugang des Einzelnen, an dessen (subjektiver) Lebenswelt über gelebte, soziale Interaktion erfahre.

  • manueller Pingback: Über die Nutzung des Webs zur Steigerung politischer Partizipation als Beitzrag zur Blogparade#1.

  • manueller Pingback: Mein Beitrag zur Blogparade: „Partizipation: das Social Web eröffnet neue Perspektiven. Oder doch nicht?“ (Klick auf den Namen)

  • Bei Spiegel Online ist gestern ein interessanter Artikel zu einer zivilgesellschaftlichen Vereinigungen aufgetaucht, die schon seit über einem Monat aktiv ist und definitiv einen gesellschaftlich relevanten Konflikt ausgelöst hat. Mit dem (Un)Wort "Zensursula" wurden schließlich allein im letzten Monat über 350 Blogposts überschrieben. Insgesamt taucht die "Zensursula" sogar in über 40.000 Blogposts auf (Quelle: Google Blog-Search)Neulich las ich in der Welt Kompakt, dass Familienministerin Ursula von der Layen "nachsitzen" muss — ihr so ausgefuchstes Gesetz noch einmal abändern muss. Und das alles ohne eine Öffnung der Politik hin zum Social Web. In einigen Antworten auf die Blogparadenfrage habe ich nun schon gelesen, dass sich die Politik für mehr bürgergesellschaftliche Partizipation öffnen muss. Da will ich doch mal spitz fragen, ob sie das denn unweigerlich tun muss. Disqualifizieren sich Politiker(innen) nicht selbst, wenn sie versuchen an der (Internet)Realität vorbei zu regieren? Ist die Kommunikation im Internet nicht eigensinnig genug, das es eigentlich nicht mehr lange dauern dürfte, bis Politiker(innen) am "Drücker" sind, die um die Chancen des Internets wissen und nicht vor ihnen erzittern?

  • ich finde es falsch zu sagen „Politik“ engagiere sich nicht, oder zu wenig in sozialen Netzwerken, das entspricht schlicht nicht den Tatsachen. Aber sicher ist es so, dass der „traditionelle Wahlkampf“, insofern man ihn so nennen kann, stärker in der öffentlichen Debatte steht. Das könnte die Werbestrategen, natürlich in die Verlegenheit bringen, die These aufzustellen, dass die „traditionellen Kommunikationskanäle“ viel mehr Menschen erreichen als die, sicher sehr aufwendige Kommunikation, über sozial Network Plattformen.Das geschieht natürlich nicht, da es auch für Politiker interessant ist, die Spezifik ihrer Zielgruppen zu kennen und dafür den geeignetsten Kommunikationskanal zu wählen. Hier bei ist aber nicht zu vergessen, dass der Informationsfluss über das Web nur eine von vielen Möglichkeiten ist und den meisten, oder besser zahlenmäßig am stärksten vertretenen Gruppen, das Gespräch von Angesicht zu Angesicht immer noch lieber ist, als ein Forum zu nutzen.Sicher ist aber dass, die EDV-Affinität eine entscheidende Rolle, für die Wahl des Kommunikationswegs, spielt. Und das trifft bei dieser Thematik für Sender und Empfänger zu.

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