Zur Handlungsempfehlung des BBE-Sprecherrates an die Internet-Enquete

Z

Im vorletzten BBE-Newsletter wurde die Handlungsempfehlung des BBE-Sprecherrates an die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ veröffentlicht, zu der ich an dieser Stelle gern einige Sachen anmerken möchte. Zunächst sei allerdings betont, dass ich selbst ein engagierter Unterstützer dieser Handlungsempfehlung war, weil ich es für wichtig und richtig erachte, dass sich das Bundesnetzwerk bürgerschaftliches Engagement mit seinem Know-How und seinen Positionen in die Internet-Enquete einbringt. Eine Handlungsempfehlung in Sachen Internet, Engagement, Partizipationskultur und -struktur halte ich insbesondere für angebracht, wenn sie von einer Gruppe Engagierter erarbeitet wird, die sich tatsächlich im Schnittfeld freiwilliges Engagement und Internet — damit schließe ich Social Web und Social Media ein — auskennt. Eben das sollte die Arbeitsgruppe „Engagement im Internet“ sein.
Was nun schließlich aus diesem Engagement geworden ist, wird zu Recht kritisiert. So schreibt Brigitte Reiser bspw., das Papier würde sich zu sehr auf die technologische Infrastruktur beziehen, die für die Förderung freiwilligen Engagements notwendig ist und stellt richtiger Weise fest: „Aber die Technologie ist nicht alles“. Vielmehr braucht es eine Förderung der Partizipationskultur und -struktur, die vom sporadischen Mitmachen bis zum steten Ehrenamt alles möglich macht. Diese Förderung ist im Papier — wenn überhaupt — nur in Gestalt einer (selbstverständlich vom BBE getragenen) zentralen Beratungsagentur für Nonprofits vorgesehen.
Von unserem Arbeitsergebnis bin ich — gelinde gesagt — enttäuscht. Einerseits halte ich es für eine ausgemachte Frechheit, dass (trotz Ermahnung meinerseits) jene, die ein oder mehrere Texte zu diesem Papier verfasst haben nicht nur nicht genannt, sondern noch nicht einmal über die Publikation informiert wurden. Zum anderen — und das mildert die erste Enttäuschung etwas ab — erkenne ich die wesentlichen Punkte meiner Inputs (im April und Mai hier im Blog veröffentlicht) kaum wieder. Dazu ist zu erwähnen, dass die Endfassung des Papiers noch einmal an die Autorinnen und Autoren zur Kommentierung und ggf. Richtigstellung weitergeleitet wurde, eine Chance, die ich seinerzeit nutzte, um nicht nur ‚meine‘ Passagen, sondern auch gleich die anderen zu kommentieren Die wichtigsten drei meiner nicht eingeflossenen Kommentare hier in gegebener Kürze:

Das World Wide Web in seiner aktuellen Generation ist per se eine Partizipationsstruktur

Selbstverständlich ist es richtig, dass sich Soziale Medien nur gemeinsam nutzen lassen. Das hält viele aber nicht davon ab „Weblogs“ zu betreiben, die gar keine sind, weil sie nicht verlinken, keine Kommentare möglich machen und auch sonst eher das publizieren, was auch im (gedruckten) Newsletter oder auf der Webseite steht. Als Auftakt des Papiers halte ich diesen Satz insofern für ungeeignet, als dass es auf mich den Eindruck der Verkennung jedweder Tatsachen macht. Irgendwie macht es gleich den Eindruck, als würde es die Zeit schon richten.

Um Synergien zu nutzen, Parallelentwicklungen zu vermeiden und Ressourcen – vor allem auch öffentliche Fördermittel – effizient einzusetzen, ist eine umfassende Kartierung der bestehenden Netzaktivitäten zur Förderung bürgerschaftlichen Engagements anzustreben.

Ich bin mir nicht sicher, wer auf die Idee der Kartierung kam, sie scheint mir aber etwas zu tool-fixiert. Allein das Mapping von Projekten der Engagementförderung wird wohl kaum Synergien erzeugen. Viel eher wird damit nur dargestellt, was im Speziellen schon gemacht wird. Da die Engagementförderung aber immer speziell auf das Gemeinwesen zugeschnitten ist / sein muss, werden diese Darstellungen kaum Interessenten finden (was m.E. sowohl die Engagement-Fördernden als auch die Verwaltung betrifft), womit sich an der kostspieligen Parallelentwicklung wenig ändert.
Sinnvoller fände ich hier die Verpflichtung zu transparenter Darstellung der Ziele, Methoden und Techniken öffentlich geförderter Projekte und Programme. Damit könnten mögliche Schnittpunkte für Kooperationen sowie best practise Beispiele und Vorbilder geliefert werden. Wichtig ist dabei, dass die Darstellung über das Internet kostenfrei zur Verfügung gestellt wird und für Interessierte auch auffindbar ist. Für diese Auffindbarkeit ist das Mapping eine Möglichkeit, andere Möglichkeiten wären ein Wiki, ein professionell betriebener Weblog (i.S. eines Journals) usf.

Mit einem Volunteer-Online-Button, wie er bei US-amerikanischen Matchingplattformen üblich ist, würde auf alternative Wege freiwilligen Engagements hingewiesen und das Spektrum der Zugangswege für eine aktive Zivilgesellschaft erweitert.

Den Text zum Papier hatte ich hier im Blog unter dem Titel „Mein kleiner Traum von Volunteer-Online-Button“ veröffentlicht. Leider scheint hier nur der Titel wirklich ernst genommen worden zu sein. Der Volunteer-Online-Button, der im angelsächsischen Raum in der Tat zum Standard gehört, ist ein Beispiel für die Suche nach Möglichkeiten, die Funktion eines Systems über die Struktur zu beeinflussen. Ich hatte damals vom systemtechnischen Postulat des „structure follows function“ geschrieben und festgehalten, dass marginale Veränderungen in der Struktur eines Systems große Auswirkung auf die Funktion haben können. Am Volunteer-Online-Button lässt sich das zwar anschaulich zeigen — die Struktur selbst würde danach fragen, ob ein Engagement auch über das Internet möglich sein könnte –, doch beschränkt sich dieser Zugang zur (politischen) Gestaltung nicht nur hierauf.

Schluss

Nachdem, was ich bislang über die Entstehung und Publikation dieses Papiers in Erfahrung bringen konnte, weisen alle darin Genannten die Verantwortung dafür von sich. Ein Beweis mehr, dass Partizipation und Engagement (auch im BBE) nicht gefördert und nicht anerkannt werden. Einerseits empfinde ich die Nichtnennung der Autorinnen und Autoren als Frechheit, andererseits wird auch die Diskussion des Papiers sehr unfruchtbar. Wenn niemand für dessen Inhalt wirklich Verantwortung übernehmen will, wen sollen die Kritikerinnen und Kritiker dann wirkungsvoll adressieren?
 

1. Kommentar

Newsletter – Lesenswertes dann und wann per E-Mail