Seit nunmehr drei Jahren schreibe ich in meinem Weblog über das Online-Volunteering, die Freiwilligenarbeit über das Internet. Eng damit verbunden war und ist die Diskussion um die Rolle von Internet und Social Media in NPOs und Zivilgesellschaft. Sowohl im Rahmen der NPO-Blogparade als auch im lockeren Verbund der NPO-Blogger!nnen-Szene diskutierten wir Themen wie gute Rahmenbedingungen für moderne, partizipative Freiwilligenarbeit, die Akkumulation sozialen Kapitals durch den Social Media Einsatz in NPOs, Social Media Policys und Guidelines sowie ungezählte Projekte von der Aktion Uwe bis zu Engagiert in Deutschland. Allein mein Blog zählt mittlerweile über 200 Artikel, zu denen ich noch beinahe 5000 Einträge auf Twitter, eine Facebook-Seite zum Freiwilligenmanagement und div. Publikationen rechnen würde; für Interessierte ein nicht einfach zu übersehender Haufen von Ansätzen, Ideen und Kommentaren — eine Art Nachhall der weiterlaufenden Debatte.
Das Centrum für Corporate Citizenship Deutschland (CCCD) hat sich im vergangenen Jahr der Herausforderung angenommen, den Zusammenhang zwischen Bürgergesellschaft und den sozialen Medien des Internets zu ergründen und die Debatte darum in übersichtlicher Form zusammen zu fassen. In der nun erschienenen Studie zu „Internet und digitale Bürgergesellschaft“ postulieren die Autorin Alexandra Härtel und ihr Co-Autor Dr. Serge Embacher „neue Chancen für Beteiligung“ und fassen den Kern unserer Debatte damit treffend zusammen: Social Media bietet vielfältige Chancen für die zivilgesellschaftliche Beteiligung, die aber immer auch mit div. Herausforderungen verbunden sind.
Aufbau und Methodik
Nach einer einführenden Untersuchung des Zusammenhangs von Social Media, freiwilligem Engagement und Bürgerbeteiligung, zeigen Embacher und Härtel unterschiedliche Ansätze auf, die neue Handlungsspielräume für die Bürger- und Zivilgesellschaft eröffnen können. Darunter finden sich neben dem Online-Volunteering auch Crowdsourcing- und Koproduktionsansätze, die anhand unterschiedlicher Beispielprojekte illustriert werden. Daran anschließend setzen sich die Autorin und der Autor kritisch mit den Social Media Aktivitäten von drei größeren Organisationen der (internationalen) Zivilgesellschaft auseinander bevor sie im letzten Teil der Arbeit die Herausforderungen und Handlungsperspektiven besprechen, die sich durch den Einsatz von Social Media für die Arbeit von NPOs ergeben.
Das methodischen Vorgehen während dieser Untersuchung zielte eher auf eine Bestandsaufnahme von Praxen und Potentialen des Social Media Einsatzes im zivilgesellschaftlichen Sektor, denn der Formulierung nie gehörte Hypothesen. Damit wurde das Untersuchungsdesign sehr bodenständig und zielführend gestaltet. Neben einer Literaturrecherche wurden 16 leitfadengestützte Experteninterviews und ein Fachgespräch mit neun Teilnehmenden geführt, wobei sowohl Befürworter!nnen der sich verbreitenden Social Media Kommunikation als auch Skeptiker!nnen des „Web 2.0 Hype“ zu Wort kamen (eine Liste der Interviewpartner!nnen und Diskussionsteilnehmer!nnen findet sich im Anhang 5 auf Seite 30). Ich denke die Autorin und der Autor verstehen ihre Publikation zu Recht
… als Beitrag zur Fortentwicklung der Engagementpotentiale in Deutschland und damit auch als Schritt auf dem Weg in eine moderne, solidairische Bürgergesellschaft (Embacher/Härtel 2011: 6).
Inhalte und zentrale Thesen
Für Embacher und Härtel liegt zwischen der „Welt der Social Media“ und der Bürgergesellschaft eine gewisse „Wahlverwandtschaft“ vor (ebd.: 6). Sowohl die Bürgergesellschaft als auch die „gesellschaftsbildenden Medien“ des Social Web weisen ihnen zu folge deliberative Charakterzüge auf (ebd.: 8), die sie auch anhand einiger Kernelementen des seit Dekaden fortschreitenden Strukturwandels der Freiwilligenarbeit herausarbeiten (dazu ebd.: 9). Embacher und Härtel folgend sind sowohl in der Bürgergesellschaft als auch im Social Web „Solidarität und Selbstverwirklichung“ wie auch „Partizipation und Selbstbestimmung“ nicht zu trennende Begriffspaare. Überdies – so behaupten die Autorin und der Autor ohne es recht zu belegen – würden die sozialen Medien des Internets wie auch die moderne Freiwilligenarbeit von den Individualisierungs- und Pluralisierungstendenzen moderner Gesellschaften profitieren und diese sogar verstärken (ebd.).
Mit der Individualisierung und Pluralisierung von Lebenslagen lösen sich die traditionellen Milieus allmählich auf und verlieren ihre soziale Bindekraft. Lebenswege sind heute weniger durch Milieuzugehörigkeit vorgezeichnet als durch (freilich damit verknüpfte) Bildungschancen, durch Geschlechterrollen, individuelle Lebensentscheidungen und andere Faktoren (Embacher/Härtel 2011: 9).
Es wird an dieser Stelle leider nicht deutlich, was genau mit „Milieuzugehörigkeit“ gemeint sein soll, inwieweit diese nicht doch vielleicht auf „individuelle Lebensentscheidungen“ wirkt und welche „anderen Faktoren“ dabei noch eine Rolle spielen könnten. Tatsächlich ist der „Zerfall traditioneller Milieus“ eine gern angeführte Folge der Individualisierungs- und Pluralisierungstendenzen mit denen wir es in modernen, freiheitlich verfassten Gesellschaften zu tun haben; empirisch belegen lässt sich diese These — die m.E. auch den behaupteten deliberativen Charakterzügen entgegen steht — m.W. aber nicht.
Den zweiten Teil ihrer Studie beginnen Embacher und Härtel mit der (etwas verspäteten) Beschreibung dessen, was sie sich unter Social Media resp. dem Social Web vorstellen. Leser!nnen denen dieses Thema bisher noch fremd ist, sollten mit diesem Abschnitt (S. 12f.) beginnen. Mit dem Verweis auf Ebersbach, Glaser und Heigl plädieren die Autorin und der Autor für den Terminus „Social Web“ anstelle der „journalistischen Chiffre für die Neuerfindung des Internets“, dem Web 2.0 (Embacher/Härtel 2011: 12f.).
Im Rahmen des Konzepts Social Web werden durch webbasierte Anwendungen soziale Praktiken wie Informationsaustausch, Bereitstellung von Daten, Aufbau von Beziehungen und deren Pflege sowie die themenbezogene Kollaboration unterstützt ([Ebersbach/Glaser/Heigl] 2011: 38). Diese web-basierten Anwendungen im Social Web werden unter dem Begriff Social Media zusammengefasst (ebd.: 12).
Das so beschriebene Social Web mit seinen sozialen Medien (die als Anwendungen hier ausschließlich auf das WWW aufsetzen) zeichnet sich für Embacher und Härtel vor allem durch die Prinzipien „Offenheit“ und „Transparenz“ aus (ebd. 13): Offenheit als Möglichkeit jedwede Information und/oder Meinung ohne redaktionelle Filterung veröffentlichen zu können, Transparenz als Möglichkeit Prozesse und Zusammenhänge (wie die Debatte um Internet und digitale Bürgergesellschaft) auch ohne exklusiven Quellenzugang recherchieren zu können (ebd.).
Die neuen Handlungsspielräume, die sich aus den so beschriebenen Strukturen des Social Web ergeben, beschreiben die Autorin und der Autor zunächst als Netzwerkbildung und Einbindung neuer Zielgruppen (Online-Volunteering), bevor sie anhand konkreter Beispiele „Do-It-Yourself-Initiativen“ (ebd.: 16), „Agenda-Setting mit Hilfe von Social Media“ (ebd.: 17) und „Selbsthilfe im Social Web“ (ebd.: 18) umreißen. Mit diesen Beispielen wollen Embacher und Härtel zeigen,
… dass die Kommunikationsmöglichkeiten im Social Web für das individuelle Engagement neue Wege der Selbstorganisation, der Aktivierung von Ressourcen in Netzwerken (Wissen, Kompetenzen, finanzielle Mittel), der Bürgerbeteiligung und Einflussnahme eröffnen und wie diese von den Engagierten genutzt werden (Embacher/Härtel 2011: 18).
Doch nicht nur für die Selbstorganisation der Bürgerinnen und Bürger bietet das Social Web neue Handlungsperspektiven. Embacher und Härtel konstatieren auch für etablierte Organisationen der (internationalen) Zivilgesellschaft vormals nicht gekannten Möglichkeiten zur Akquise wichtiger Netzwerkressourcen. Unter den Schlagworten „Networked Nonprofits“ (Beth Kanter / Alison Fine) und „Koproduktion sozialer Dienstleistungen“ (Brigitte Reiser) fassen Embacher und Härtel diese selten strategisch genutzten Möglichkeiten zusammen (ebd.: 19). Anhand des Deutschen Caritasverbandes, Oxfam und Greenpeace Deutschland zeigen sie anschließend auf, dass und wie Social Media hier eingesetzt werden (kann) (ebd.: 19ff).
Im dritten und letzten Teil ihrer Studie zeigen Embacher und Härtel Herausforderungen und Handlungsperspektiven auf, die sich ihres Erachtens aus der „‚Liaison‘ von Internet und Bürgergesellschaft“ ergeben (ebd.: 23). Dabei plädieren sie für den Einsatz von Social Media im zivilgesellschaftlichen Bereich, warnen allerdings vor einer Indienstnahme der sozialen Medien „für die Verfestigung von intransparenten Macht- und Entscheidungsstrukturen“ wobei der implizite Verweis auf den deutschen Nationalsozialismus natürlich nicht fehlen darf:
Die Okkupation des Web 2.0 für die ‚bestehenden Verhältnisse‘ wäre nicht das erste Beispiel in der Geschichte der Massenmedien für eine negative Entwicklung. Ob sich Social Media und Social Web tatsächlich als Antriebskräfte für einen transparenten, offenen und responsiven Dritten Sektor erweisen werden, hängt u.a. vom Handeln der Engagierten und ihrer Organisationen ab (Embacher/Härtel 2011: 23).
Anschließend an diese eher allgemeine Warnung beschreiben Embacher und Härtel mit der „Ausgrenzung gesellschaftlicher Gruppen“ (ebd.: 23), der „männlichen Dominanz“ (ebd.: 24) und des „Slaktivism“ (ebd.) drei etwas handfestere Herausforderungen, die der durchaus evidente Einzug von Social Media in der bürgergesellschaftlichen Selbstorganisation mit sich bringt. Als Anregungen für zivilgesellschaftliche Organisationen formulieren die Autorin und der Autor einige Handlungsperspektiven, die vor allem etablierte, hierarchisch verfasste NPOs vor große Herausforderungen stellen dürften (zum folgenden: ebd.: 25ff.):
- Zunächst sehen Embacher und Härtel dringenden Fortentwicklungsbedarf bzgl. der Organisationskultur und des Selbstverständnisses von Dritt-Sektor-Organisationen, womit sie auch eine strategische Organisationsentwicklung eingefordert sehen.
- Damit verbunden ist die Forcierung von Netzwerkarbeit wie auch der von Beteiligungsmöglichkeiten, die echte Partizipation via Social Web möglich und die gemeinsame Erarbeitung (Koproduktion) von Social Media Policys und Social Media Guidelines erforderlich machen.
- Mit der Förderung des Einbezugs der Stakeholder zivilgesellschaftlicher Organisationen (Partizipation) verbinden die Autorin und der Autor auch die Förderung von Medien- und Beteiligungskompetenz durch fachliche Qualifikation, Beratung und Training.
Fazit und kritische Anmerkungen
Embacher und Härtel meinen wohl zu Recht, dass die Debatte über den Zusammenhang von bürgerschaftlichem Engagement und Social Media innerhalb der Sphären etablierter Dritt-Sektor-Organisationen noch ganz am Anfang steht (ebd.: 27). Während sich die Bürgergesellschaft – jene kleineren Vereine und Assoziationen, die Embacher und Härtel als Form der bürgerschaftlichen Selbstorganisation beschreiben – bereits wie selbstverständlich auch über die Sozialen Medien des Internets organisiert, ist ein Gros hierarchisch verfasster NPOs von flachen Beteiligungsstrukturen weit entfernt. Das Social Web wird hier allzu oft nur als neuer Kanal für die One-To-Many-Kommunikation mit der großen Masse an potentiellen Empfänger!nnen im Internet eingesetzt , ohne dass hier ernstzunehmende Rückkanäle geöffnet und Informationsangebote strategisch fragmentiert würden. Damit wird das Social Web — übrigens auch von Embacher und Härtel — als Massenmedium (im analytischen Sinn) missverstanden.
Wie bereits erwähnt ist die hier vorgestellte Untersuchung methodisch auf eine Zusammenfassung einer (weiterlaufenden) Debatte angelegt. Inhaltlich stellt sie den aktuellen Stand treffend dar und ist Interessierten insofern nur zu empfehlen. Dennoch bleiben kritische Punkte anzumerken bzw. zu diskutieren:
- Als fundierter Beitrag zur Debatte um die Chancen und Herausforderungen, die die neuen Medienformate des Internets für den Dritten Sektor bergen, ist die vorliegende Arbeit zunächst insofern zu kritisieren, als grundlegende Formalien wissenschaftlichen Arbeitens stellenweise nicht oder nur unzureichend eingehalten wurden. Nicht nur einmal werden Sachverhalte ohne entsprechende Zitation behauptet oder Darstellungen anderer Autor!nnen ohne entsprechenden Verweis übernommen. Einerseits ist dies für jene — wie mich — ärgerlich, die sich die Mühe machen (auch wissenschaftliche und zitierfähige) Publikationen zu erarbeiten, andererseits wird damit auch das weiterführende Studium einzelner Aspekte dieses Themenfeldes (bspw. Online-Volunteering oder die ‚lernende Community‘ der Social Media Szene) erschwert, was ja gerade die Stärke dieser Zusammenfassung hätte sein können.
- Weiterhin hätten auch einige eingeführte Begriffe und Konzepte wie der des Milieus oder der der „Medien- und Beteiligungskompetenz“ näher beschrieben werden müssen. Was Embacher und Härtel genau unter dem z.Zt. sehr populären Milieubegriff oder dem der Medienkompetenz bzw. dem mir bislang unbekannten Begriff der Beteiligungskompetenz verstehen, bleibt leider im Dunkeln.
- Als diskussionswürdig erachte ich außerdem die nicht wirklich begründete Trennung von bürgergesellschaftlicher Selbstorganisation in kleinen Vereinen und Initiativen und größeren Organisationen der Zivilgesellschaft. Semantisch stellen Embacher und Härtel die einen als eine Art Manifestation der Bürger-, die anderen als eine der Zivilgesellschaft dar, was sich angesichts der deutlich zivilgesellschaftlichen Ansprüche (i.S. des Habermas’schen Vernetzungsimpetus) der Berliner Sozialhelden oder der Kampagnennetzwerke wie Campact, Avaaz wohl kaum durchhalten lässt.
Interessierten Leserinnen und Lesern wünsche ich viel Vergnügen bei dieser m.E. erhellenden Lektüre. Der dargestellte Stand der Dinge sollte dabei allerdings nicht als ‚in Stein gemeißelt‘ betrachtet, sondern als Aufforderung verstanden werden, sich aktiv in die laufende Diskussion einzubringen. Vielleicht ist hierfür auch eine neue Runde der NPO-Blogparade sinnvoll. Was meint ihr?!
frisch gebloggt: Kommentar zur Studie "Internet und digitale Bürgergesellschaft": http://t.co/Wius811Q @cccdeutschland
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RT @foulder: Kommentar zur Studie „Internet und digitale Bürgergesellschaft“ http://t.co/cvxQ2Gm4
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@foulder Danke! für deine ausführliche Rezension der CCCDebatte 08 "Internet und digitale Bürgergesellschaft" http://t.co/Kkj5AkTv
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Hannes, vielen Dank für deine detaillierte Auseinandersetzung mit unserer Untersuchung und deine fachkundige Zusammenfassung. Wir wollen gern auf deine Kritikpunkte eingehen.
Die Trennung zwischen engagierten BürgerInnen und zivilgesellschaftlichen Organisationen bezieht sich in erster Linie nicht auf die „zivilgesellschaftlichen Ansprüche“ dieser Akteure. Die Unterscheidung wurde aus dem Handlungsspielraum der Akteure (Individuum / organisationale Verfasstheit) heraus getroffen. Wir haben dargestellt, welche neuen Möglichkeiten sich mit Social Media engagierten BürgerInnen bieten, für den Zusammenschluss und die Wirkung in/durch Vereine und Initiativen, in der Beeinflussung der gesellschaftspolitischen Agenda und der Selbsthilfe. Avaaz und Campact gehören in diesen Teil, da sie sich auf Basis der neuen Möglichkeiten der Einflussnahme durch Social Media konstituiert haben und als beispielhafte Ermöglicher für neue Formen der Einflussnahme mithilfe von Social Media durch engagierte BürgerInnen relevant sind.
Im zweiten Teil werden hingegen die Möglichkeiten in Hinblick auf zivilgesellschaftliche Organisationen dargestellt, wobei diese sich nicht nur auf gewachsene Organisationen beziehen, sondern auch auf kleine Vereine und Initiativen. Was die Begriffe Medien- und Beteiligungskompetenz angeht, stimmen wir dir zu. Hier wäre eine Erläuterung in der Untersuchung, was wir darunter verstehen, hilfreich gewesen.
Zur Kritik an der Verwendung des Milieubegriffs in unserer Bestandsaufnahme: wir haben uns auf die bekannten, jahrzehntelangen Studien und Erkenntnisse des Sinus-Instituts Heidelberg bezogen.
Das Sinus-Institut unterscheidet prinzipiell Milieus nach der sozialen Lage (Oberschicht, Mittelschicht, Unterschicht) und nach Einstellung wie traditionell-modern. Hinzu kommen in jüngster Zeit Differenzierungen wie Bürgerliche Mitte, Konservativ-Etabliertes Milieu, Hedonistisches Milieu etc. Auf diese Erkenntnisse geht auch unsere Feststellung zurück, dass „mit der Individualisierung und der Pluralisierung von Lebenslagen […] die traditionellen Milieus […] ihre soziale Bindekraft (verlieren)“. In der Untersuchung wird dies ausdrücklich nur im Zusammenhang mit der veränderten Einstellung von Engagierten erwähnt, die sich nicht mehr – wie früher – bei bestimmten Organisationen wie Feuerwehr, Kirche oder Sportverein langfristig verpflichten, weil das in ihrem Milieu früher so üblich war. Sicher kann man trefflich über die gesamte Milieuforschung und die These vom „Zerfall traditioneller Milieus“ streiten. Dafür war unsere Bestandsaufnahme aber nicht der geeignete Ort.
Zum Schluss noch ein Hinweis: Wir haben in unserer Bestandsaufnahme natürlich Wert auf Seriosität und fundierte Argumentation gelegt, aber ausdrücklich wollten wir keine wissenschaftliche Abhandlung veröffentlichen, sondern den Stand der Diskussion zu „Internet und digitaler Bürgergesellschaft“ in kurzer lesbarer Form vorlegen. Wer an weiterführender Lektüre interessiert ist, findet Hinweise in Fußnoten und im Literaturverzeichnis.