Zum Protest-Mem "Ist das gerecht …"

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Nach den Sparbeschlüssen der schwarz-gelben Bundesregierung am Montag den 07. Juni 2010 setzte die amtierende Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder mehrere folgenreiche Kurzmitteilungen auf Twitter und Facebook ab:

22:07 Uhr: „Natürlich ist die Elterngeldstreichung für Hartz IV-Empfänger hart.“

22:11 Uhr: „Aber: Eine Familie in Hartz IV, 2 Kinder, erhält inkl. Elterngeld 1885 € vom Staat. Netto! Ist das gerecht gegenüber denen, die arbeiten?“

22:13 Uhr: „Ich habe als Abgeordnete aus voller Überzeugung der Schuldenbremse zugestimmt. Dann muss ich mich jetzt auch am Sparen beteiligen.“

Ich selbst konnte vor allem beim Lesen des letzten Satzes nur mit dem Kopf schütteln. Ich glaube zwar, dass Politikerinnen und Politiker zu ihrem Wort stehen sollten, hatte aber den Eindruck Frau Schröder würde sich in ihrem Amt ein bisschen zu ernst nehmen. Doch nicht der letzte Tweet, sondern der zweite Satz im zweiten Tweet wurde zum Aufhänger des anhaltenden Protests.
Vielleicht weil die Frage „Ist das gerecht gegenüber denen, die arbeiten?“ so sehr für die rechte Außenseite der CDU steht, vielleicht aber auch, weil man sie so gut zu karikieren und mashen ist, löste Schröders Kommunikation der Sparmaßnahmen in ihrem Bereich — was wahrscheinlich mit „muss ich mich“ gemeint war — einen Sturm der Entrüstung und Häme aus. („Shitstorm“ — vll. besser: Protest-Mem)

23:20 Uhr: „Eine Ministerin erhält 12.860€/Monat vom Staat + Nebenverdienste. Ist das gerecht gegenüber denen, die arbeiten?“ (via @direkteaktion)

23:23 Uhr: „Würde mal sagen, @kristinakoehler wollte nur mal rausfinden, wie wie sich soziale Ächtung am eigenen Leib anfühlt. Ich nenne das Bürgernähe.“ (via @zeitweise)

23:55 Uhr: „Fehlt eigentlich nur noch: „Sollen Sie doch Kuchen essen“ – @kristinakoehler“ (via @miezmutz)

00:49 Uhr: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Hab ich mal irgendwo gelesen. Vermutlich bei Asterix oder in der Bravo. @kristinakoehler“ (via @Vittenko)

Es lassen sich natürlich noch viel weitere Kommentare zu diesen Äußerungen finden. Allein unter dem Übertrag des Tweets von 22:11 Uhr finden sich bis jetzt 28 Kommentare und 26 „Gefällt-Mir-Feed-Backs“ (Stand 12. Juni 13:55h). Dabei leider selbstverständlich nicht nur Unmutsbekundungen.
Sucht man nun aber ein paar Tage später nach der provokanten Frage im Tweet Kristina Schröders, finden sich über die Phrasensuche bei Google bereits 5.620 Treffer. Darunter einige Blogs, die sich dem Thema annahmen — bspw. MarxBlog, Fefes Blog und Spreelichter. Im MarxBlog sind mehrere Beiträge mit diversen Tweets wie diesen hier zu finden:

10.06.2010: „Ich habe 14 Tage Urlaub. Ist das gerecht gegenüber denen, die arbeiten?“ (via @leibowitz)

10:06.2010: „“Ich bin Beamter, ist das gerecht gegenüber denen, die arbeiten?“ #gnhihihi :D“ (via @motorradblogger)

10:06.2010: „Ich geh‘ jetzt ins Bett. Ist das gerecht gegenüber denen, die arbeiten?“ (via @simoncolumbus)

Im FefeBlog wird zum mashuppen aufgerufen …

… und im Blog der Spreelichter wird ein Konterfei lanciert, was bei streitbaren Äußerungen deutscher Spitzenpolitikerinnen wie Ursula von der Layen (#Zensursula), Wolfgang Schäuble (Stasi 2.0), Karl Theodor zu Guttenberg (Ahnungslos aber betroffen) und nun auch Kristina Schröder (Ist das gerecht gegenüber denen, die arbeiten) offenbar eine Art Netzmode ist.

Auch wenn manch Konservativer die Äußerungen Kristina Schröders für ‚wahre Worte’ hält, denke ich doch, dass es einer Familienministerin nicht sonderlich gut steht auch nur die Frage nach der Ungerechtigkeit ohne hin knapper Harz IV Sätze zu stellen. (Bei Sozialhilfe24.de könnt ihr ja mal ausrechnen, was ihr so bekommen würdet.) Was ich meine hier aber noch entdeckt zu haben, ist die Heuchelei mit der so mancher Netzbewohner nach Authentizität und schneller Information ruft, sie aber, wenn sie dann mal kommt, mit Häme und Spott versieht.

http://www.spreelichter.info/

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