Vom „Multi-Paradigm Modell of Volunteering“ (McDuff 2006) hatte ich in meinem Blog bereits berichtet. Seit dem ich davon das erste mal beim Seminar „Vom Umgang mit schwierigen Freiwilligen“ in der AfED gehört hatte, überlegte ich, welche theoretische Rahmung diesem Konzept wohl zu Grunde liegen könnte. Neulich wies mich Carola Reifenhäuser von VolunteerConsult auf die tiefenpsychologische Studie von Fritz Riemann hin.
Riemann untersucht in seinem Werk, das mittlerweile in der 36en Auflage erschienen ist, die „Grundformen der Angst“ und unterscheidet dabei zwischen vier Persönlichkeitstypen. In seinen Ausführungen weist er auf mögliche Probleme hin, denen Menschen mit diesen Persönlichkeitstypen begegnen können, nennt aber auch positive Eigenschaften, die zu den jeweiligen Freiwilligentypen in McDuffs Modell passen.
Riemanns Beschreibung der „schizoiden Persönlichkeiten“ als Persönlichkeiten (Riemann 2003. S. 20ff.), die sich vor allem durch Selbstständigkeit, Unabhängigkeit, Mut, Autonomie usw. auszeichnen (ebd. S.57), passen sehr gut zur Beschreibung der „Entrepreneurial Volunteers“ im Feld der Ich-Bezogenheit und der radikalen Veränderung.
Die Beschreibung der „depressiven Persönlichkeiten“ (S. 59ff.) wiederum passen sehr gut zur Beschreibung des „Traditional Volunteer“ im Feld der Stabilität und Objektivität. Die positiven Eigenschaften dieses Persönlichkeitstypus beschreibt Riemann jedenfalls ähnlich wie McDuff mit dem Satz:
„Er kann verzeihen, kann geduldig warten und Dinge reifen lassen und hat einen wenig ausgeprägten Egoismus“ (S. 104)
Auch die von Riemann beschriebenen „zwanghaften Persönlichkeiten“ (S. 105ff.) passen in das Volunteer Classification Modell von McDuff. Mit der Angst vor Veränderung, die als Vergänglichkeit und Unsicherheit erlebt wird, richtet sich dieser Persönlichkeitstyp auf Stabilität und Subjektivität aus. Übertragen auf das McDuff’sche Modell schreibt Riemann dem „Serendipitous Volunteer“ „Stabilität, Tragfähigkeit, Ausdauer und Pflichtgefühl“ zu (S. 154).
Der letzte von Fritz Riemann beschriebene Persönlichkeitstyp ist der „hysterische“ (S. 156ff.), der die Notwendigkeit als Endgültigkeit und Unfreiheit erlebt. Er bewegt sich damit im Feld der radikalen Veränderung und Objektivität — richtet also seine Bemühungen auf seine strukturelle Umgebung aus. Dem „Social-Change Volunteer“ (dem ‚Weltverbesserer‘) könnte man mit Riemann „Farbigkeit, Originalität, Lebendigkeit“ und die Fähigkeit der Selbstdarstellung zuschreiben (S. 198).
Zusammenfassend lässt sich hier festhalten, dass die Persönlichkeitstypen aus Riemanns „Grundformen der Angst“ recht gut in das „Multi-Paradigm Modell of Vollunteering“ von Nacy McDuff passen. Auch wenn Mrs. McDuff Riemann nicht zitiert liefert er mit diesen Persönlichkeitstypen doch eine fundierte theoretische Grundlage für dieses Modell zur Freiwilligenklassifizierung, das natürlich auch ein wertvolles Werkzeug für die Personalisierung des Freiwilligenmanagements ist.
PS: Während der gestrigen Vorstellung der hauptsächlichen Schwerpunkte meiner Diplomarbeit und der wiederholten Warnung vor einer zu ausführlichen Arbeit, werde ich mich nun ein Stück weit vom Bloggen und Social Networken zurückziehen müssen. Natürlich will ich gern über den Verlauf, die Schwierigkeiten und Erfolge im Schreibprozess (der immer auch ein Stück weit ein bildender ist) berichten und am 15. Mai gern auch meine Frage in die Sphäre der NPO-Blogparade werfen. Den Feed dieses Blogs also aus den Abos zu löschen ist also nicht unbedingt nötig, wohl aber ein bisschen Geduld.
[…] einem früheren Blogpost hatte ich einmal von dem Volunteer Classification Model von Nancy McDuff (2006) berichtet, die […]
[…] 2012: 109) sollte insbesondere Letzteres zwar nicht überbewertet werden, doch scheint die Volunteer-Classification der derzeit in diesem Bereich Engagierten […]
[…] immer schlechter besetzen lassen, weil die Freiwilligen — wenn sie nicht ohnehin schon eher die Helfertypen sind — überhaupt nicht an die Gestaltungsaufgaben herangeführt werden. Freiwillige sind die […]