Bühnen frei – soziale Innovation & Digitalisierung im Deutschen Roten Kreuz

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Wieder ein Jahr vorbei – schon das Dritte im Zeichen sozialer Innovation und Digitalisierung im DRK. Ganz unterschiedliche Dinge haben mich 2019 beschäftigt: die post-digitale Gesellschaft, Innovation für Inklusion, Intrapreneurship in der Sozialwirtschaft und natürlich Soziale Medien in der Wohlfahrt. Einzelne Themen, wie »neue Emotionalität«, kamen dazu, viele andere, wie Intrapreneurship in der Sozialwirtschaft, beschäftigen mich schon länger. Bei den neuen Themen standen die Erkundung und der Dialog im Vordergrund bei den anderen ging es 2019 vor allem um eines: ›Skalierung‹.

Die Grundlagen wurden gelegt: die DRK-Wohlfahrt.de erneuert, ein Innovationslabor organisiert, das DRK mit dem Cross Media Day neu vernetzt und auf Basis einer gültigen Social Media Policy viel für’s sozial-digitale Netzwerken getan. Sicher ist da noch viel weiterzuentwickeln und zu perfektionieren. Aber das geht auch ›unterwegs‹, denn: »Scaling, not innovation, ist he key to impact« (Seelos/Mair 2017: 22

Über Skalierung: 
Mit Skalieren (engl. to scale up) ist in der Regel das Großziehen eines Projektes oder Business gemeint. In einer etwas breiteren Fassung wird auch der Transfer von Wissen, Ideen und Konzepten dazugezählt, weil hier die Wirkung großgezogen wird. Ich meine mit Skalierung allerdings auch das Einflechten von Innovationen in die Wirkungsketten – die »impact creation logic« oder die »Zweck-Mittel-Ketten« – einer Organisation, die so einen größeren Impact in ihrem ›Kerngeschäft‹ erzielen kann. 

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Bühne 1: #ZukunftWohlfahrt

Ich muss gestehen, #ZukunftWohlfahrt war nicht mein Favorit für den DRK-Kongress »Wandel. Weitsicht. Wohlfahrt«. Ich fand #www19 cooler! Allerdings habe ich mich überzeugen lassen, dass ein kanalübergreifender Marker – oder eine ›Metaplattform‹ – für Zukunftsthemen der Wohlfahrt (a) nicht zu nerdig und (b) auf keinen Fall nur auf ein Jahr beschränkt sein darf.

Mehr als 30 Accounts haben bislang unter #ZukunftWohlfahrt getwittert und sieben auch Inhalte auf LinkedIn veröffentlicht. Zum Vergleich: Der erste Versuch, mit #DRKdiscuss von September 2015, einen solchen Marker zu schaffen, zählt bislang nicht einmal zehn Accounts.

Nun mag man einwerfen, dass jede Idee hat halt ihre Zeit hat. Und: #DRKdiscuss hatte ja auch Vorteile (z.B. war er nicht allein auf die Wohlfahrt limitiert). Sicher ist das auch richtig. Skaliert hat aber #ZukunftWohlfahrt, weil es mehr war als eine nette Idee unter Social Media Menschen im DRK. Es war Teil einer größeren »impact creation logic«, die auf neue Impulse für die Sozialwirtschaft anlegt.

Bühne 2: re:publica 2019

Mit etwa drei Wochen Vorlauf bot sich 2019 die Chance für einen Stand mit Lightning-Talk auf der Digital-Konferenz re:publica. Seit Jahren frage ich mich, wer aus der Wohlfahrtspflege hierhin den ersten Schritt macht. Mitte April stand fest: Das DRK!

Der Zeitplan war natürlich sportlich. Standkonzept und Material lagen jetzt nicht eben in irgendeiner Schublade. Aber das DRK wäre ja nicht das DRK, würde es nicht in Windeseile einen stabilen Auftritt hinbekommen. Die KoWos kümmerten sich um Konzept und Inhalt, ich um Material, Abstimmung und Orga. Und: Es gelang!

Full House beim Lightning-Talk des DRK

Mit einer Crew von etwas mehr als zehn Leuten stellten wir mit Rotkreuz-Zelten und Feldbetten aus der DRK-Vorhaltung in Schöneberg die ›unbequemste Lounge der Welt‹ auf die Beine. Das Berliner Rotkreuz-Museum steuerte noch einen schmucken Bulli bei und Playmobil durfte natürlich auch nicht fehlen.

So war die Bühne bereitet und wir skalieren die Sichtbarkeit des DRK als Player in der digitalen Gesellschaft. Keine einzige Broschüre hatten wir dabei. Allein mit Workshop-Material und guten Ideen traten wir an, um über die Gestaltung der Gesellschaft von Morgen zu sprechen.

Besonders gut funktioniert hat dabei der »GIF-Generator« – ein Aktionsangebot, das zu pantomimischen Spiel einlud und das DRK in den Twitter-Stream der Konferenz trug: Mehr als 30 GIFs wurden unter #rp19 vertwittert, geliked und geteilt. Mehrere tausend Interaktionen und ein anständiger Peak in den Statistiken der DRK-Wohlfahrt.de waren die Folge.

Bühne 3: DRK-Wohlfahrt.de

Über den Relaunch der DRK-Wohlfahrt.de habe ich Anfang des Jahres viel gesprochen und geschrieben. Das Projekt sucht seinesgleichen: Aus einem recht behäbigen Fachportal entstand eine Plattform für Mitarbeitende der Wohlfahrtspflege im DRK und ihren Themen, das eindrücklich die Vielfalt des Bereichs zeigt.

Funktionen wie das Publikations- und Veranstaltungsverzeichnis der DRK-Wohlfahrt.de gehörten schon länger zu den Routinen der Arbeit vieler im Bereich. Skaliert haben wir 2019 vor allem den Blog, in dem nun durchschnittlich drei bis fünf Beiträge pro Woche veröffentlicht werden.

Ein Gros der Mitarbeitenden des Bereichs hat 2019 mindestens einen Beitrag veröffentlicht – und zwar selbstständig und eigenverantwortlich. Die öffentliche Berichterstattung über unsere Arbeit ist von den Führungskräften gewünscht und wird mittlerweile auch über die größeren Kanäle des DRK publik gemacht.

Was wir 2019 mit der DRK-Wohlfahrt.de also skalierten war nicht nur die Sichtbarkeit der DRK-Wohlfahrt im sozialen Netz sondern auch die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung beim ›Talk the Walk‹ sowie die bereichsübergreifende Zusammenarbeit.

Bühne 4: Intrapreneurship

Nachdem im August 2018 die erste »Intrapreneurship-Tagung« des DRK in Kassel über die Bühne ging, sind zwei Dinge klar: Der Begriff »Intrapreneurship« ist kein geläufiger oder besonders beliebter. Und: ›Intrapreneurs‹ gibt es im DRK einige. Trotz Sommer und Urlaubszeit machten sich rund 60 Kolleginnen und Kollegen aus dem ganzen Bundesgebiet auf den Weg, um mit uns zusammen Design Thinking auszuprobieren und zu Wirkungsorientierung und Transfer zu workshoppen.

Auch wenn wir sie öffentlich nicht mehr so nennen wollen, wollten wir 2019 den eingeschlagenen Weg der Unterstützung von ›Intrapreneurs‹ im DRK weitergehen. Auf der Grundlage der Erfahrungen aus dem Innovationslabor und der Arbeit im DRK-Bundesverband sollte etwas entstehen, dass ihnen vor Ort bei ihrem Engagement hilft. Die erste Idee: ein Workbook.

Um die Inhalte und die Struktur dieses Worksbooks zu erarbeiten stelle ich gemeinsam mit René, einem Kollegen aus Hamburg, der das Innovationslabor für seine Masterarbeit unter die Lupe nahm, ein Expertinnen-Team mit Know How in Sachen Methoden, systemisches Wirken, Wissenschaftskommunikation und jeder Menge Innovations-Praxis von Bundes-, Landes- und Kreisverbansebene zusammen. Gemeinsam fuhren wir zu einem Partnerworkshop mit dem Cambridge Centre for Social Innovation an der Judge Business School der Cambridge University und scribbelten was das Zeug hielt.

How to handle »wicked problems«

Von viel Skalierung kann ich an dieser Stelle noch nicht berichten. Nicht etwa, weil wir in Cambridge zu keinem Ergebnis gekommen wären – ganz im Gegenteil: Was dort an Inhalten entstand, ist beeindruckend! Vielmehr haben wir bei der Diskussion unseres ersten Prototypen festgestellt, dass ein Workbook wohl kaum die anvisierte Zielgruppe der ›Intrapreneurs‹ vor Ort erreicht. Aber auch das ist natürlich Teil des Skalierungsprozesses, für den man sich ja bekanntlich von dem frei machen muss, was man zu wissen glaubt.

Bühne 5: Innovation für Inklusion

Ein zweites Skalierungsprojekt, das aus den Erfahrungen und Erkenntnissen mit der Innovationsförderung im DRK schöpft, ist »Innovationsscouting für Inklusion«. Das Ziel dieses mehrjährigen Modellprojektes ist es, die alltägliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und anderen Teilhabeeinschränkungen ganz praktisch vor Ort zu verbessern. Kein wirklich neues Anliegen des DRK aber eben ein neuer Ansatz. Der Aufbau und die Pflege von ›Innovations-Communities‹ beziehungsweise die aktive Beteiligung in einem ›Innovations-Ökosystem‹ für Inklusion ist eine Art Adaption dessen, wie wir uns unser Wirken im DRK-Bundesverband vorstellen.

Ein Novum auch die von der Aktion Mensch Stiftung geförderte recht intensive Planungsphase, in der die Projekt-Idee gemeinsam mit den künftigen Standorten sowie Menschen mit Behinderungen und künftigen und aktuellen Partnerinnen und Partnern weiterentwickelt wurde. Auch für diesen Netzwerk-Ansatz der Projektentwicklung war die Arbeit der letzten Jahre sehr gewinnbringend. Nicht nur, weil viele Gesprächspartnerinnen und -partner bereits bekannt waren, sondern auch, weil ganz praktisch deutlich wurde, warum es sich lohnt in solche Netzwerke zu investieren.

Bühne 6: Cross Media Day

Das DRK-BarCamp zu sozialen Innovationen, Digitalisierung und Social Media hat dieses Jahr zum dritten Mal stattgefunden. Man könnte es damit als etabliert betrachten, doch das wäre natürlich nur ein Teil der Geschichte. Jedes Jahr wandert der CMD von einem Landesverband zum anderen und jedes Jahr wird das sozial-digitale Happening dadurch ein bisschen besser. 2019 richtete der Landesverband Nordrhein den Cross Media Day in Düsseldorf aus und spendierte ihm nebst ›BarCamp-Pur-Feeling‹ ein veritables Design.

Und auch damit nicht genug! Mittlerweile gibt es im DRK drei Teams mit drei Moderator!nnen, die den Cross Media Day bereits gehostet haben und das BarCamp-Format entsprechend auch in anderen Themenbereichen spielen können. Führungskräfte von ganz unterschiedlichen Verbandsebenen haben das Format kennen und schätzen gelernt. Und auch immer mehr Haupt- und Ehrenamtliche aus dem DRK heben nicht mehr die Hand, wenn die obligatorische Frage gestellt wird, wer denn zum ersten Mal an einem BarCamp teilnimmt.

Nicht vergessen: Applaus!

Hinter den hier gemalten Bühnen freilich steckt jede Menge Arbeit, die man auf dem Weg durch den digitalen Wandel nicht scheuen darf. Und nicht alles läuft völlig ruckelfrei. Das ist klar! Innovation ist nichts für Feiglinge. So wie hier besehen war das Jahr 2019 aber durchaus ein erfolgreiches.

Wir haben einiges auf die Beine oder auf die Schienen gestellt. Und wenn ich schreibe »Wir« meine ich das auch so: Ohne die Führsprecher!nnen, die Unterstützer!nnen, die Mit- und Möglichmacher!nnen, ohne das CMD-Team aus Düsseldorf, das InnoScout-Team aus Mainz und Münster, die #rp19- und die Cambridge-Crew wie auch die (micro-)bloggenden Kolleg!nnen aus dem DRK-Bundesverband – jenen also die sich auf neue Pfade trauen und die anfängliche (Mehr-)Arbeit nicht scheuen – wären all die tollen Ideen und Konzepte nicht das Papier wert, auf denen sie geschrieben stehen.

Also bitte einen kräftigen Applaus für die, die es möglich machen!

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